Abrechnungs-Update: Kolposkopie

Die Grenzen der Analogabrechnung

Eine Analogabrechnung nach §6 Abs. 2 GOÄ erfordert eine Regelungslücke. Dieses Grundprinzip spiegelt sich auch im neuen GOÄ-Ratgeber der Bundesärztekammer zum Thema Kolposkopie (siehe unten) wider. Der Ratgeber der Bundesärztekammer kommt zu dem Schluss, dass ebenso wie die Basiskolposkopie, auch die Abklärungs- bzw. Differentialkolposkopie mit der GOÄ-Nr. 1070 „Kolposkopie“ abzurechnen ist.

Diese Feststellung ist gebührenrechtlich korrekt, sorgt aber, gerade im Vergleich zum GKV-Bereich, bei vielen Kolleginnen und Kollegen für Unmut. So steht im EBM eine höher bewertete eigene Gebührenordnungsposition (GOP 01765) für die Abklärungskolposkopie zur Verfügung.

Da eine eigene Nummer für die Abklärungskolposkopie in der GOÄ fehlt, wird oft der Wunsch geäußert, die Abklärungskolposkopie analog mit einer anderen höher bewerteten GOÄ-Nr. abzurechnen. Eine Analogabrechnung nach §6 GOÄ ist jedoch nur möglich, wenn eine ärztliche Leistung nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen ist. Eine solche Regelungslücke besteht in diesem Fall aber nicht, da die GOÄ-Nr. 1070 mit dem Leistungstext „Kolposkopie“ in der GOÄ vorhanden ist. Unter diesen Begriff der Kolposkopie fallen nämlich sowohl die Basis- als auch die Abklärungskolposkopie.

Dieses Problem kann von Ärzteseite nicht zufriedenstellend gelöst werden. Zwar besteht die Möglichkeit nach § 5 GOÄ aufgrund des höheren Aufwands einer Abklärungskolposkopie die Leistung mit einem höheren Faktor abzurechnen. Dies ist aus Sicht vieler Gynäkologinnen und Gynäkologen jedoch nicht ausreichend.

Auch der Abschluss einer Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ ist in den meisten Fällen nicht zielführend. Die Abrechnung mit einem höheren Faktor als 3,5 aufgrund einer Honorarvereinbarung wird in vielen Fällen wegen einer fehlenden Erstattungsfähigkeit von Patientenseite nicht gewünscht.

Somit stellt auch hier die Bundesärztekammer abschließend richtigerweise fest: Um das Problem zufriedenstellend zu lösen, ist eine Anpassung der GOÄ durch den Verordnungsgeber notwendig.

 

GOÄ-Ratgeber: Abrechnung von Kolposkopien
Dr. med. Hermann Wetzel, M. Sc. | Deutsches Ärzteblatt | Jg. 119 | Heft 43 | 28. Oktober 2022

Wiederholt wurde bei Ärztekammern angefragt, wie die im Vergleich zu einer Basiskolposkopie deutlich aufwendigere Abklärungs- (bzw. Differenzial-)kolposkopie gemäß Teil III, Abschnitt C/D, §§ 7 und 8 der G-BA-Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme nach der GOÄ abzurechnen und ob hierfür der Ansatz einer Analogposition möglich sei. Hierzu ist festzuhalten, dass das Gebührenverzeichnis der GOÄ mit der Nr. 1070 GOÄ „Kolposkopie“ eine Gebührenposition enthält, die gemäß allgemein gefasster Leistungsbeschreibung sowohl eine Basis- als auch eine Abklärungskolposkopie umfasst. Aufgrund der Textierung der Leistungslegende ist es mangels Fehlens einer planwidrigen, ergänzungsbedürftigen Regelungslücke – wie dies als Voraussetzung für eine Analogabrechnung erforderlich wäre – gebührenrechtlich formal nicht möglich, die Abklärungskolposkopie analog abzurechnen, da die Kolposkopien als Gesamtheit der Untersuchungsvarianten mit der Nr. 1070 GOÄ bereits originär abgebildet sind.

Besondere Umstände und Schwierigkeiten sowie ein erhöhter Aufwand bei der Leistungserbringung wären im Einzelfall mit entsprechender Begründung über den Steigerungsfaktor unter gegebenenfalls maximaler Ausschöpfung des Gebührenrahmens zu berücksichtigen. Eine Abstrichentnahme im Rahmen einer Kolposkopie ist nach Nr. 297 GOÄ „Entnahme und Aufbereitung von Abstrichmaterial zur zytologischen Untersuchung – gegebenenfalls einschließlich Fixierung –“ zusätzlich berechnungsfähig.

Im Falle einer Zervixabrasio wäre außerdem die Nr. 1102 GOÄ „Entfernung eines oder mehrerer Polypen und/oder Abrasio aus dem Gebärmutterhals oder dem Muttermund“ neben der Nr. 1070 GOÄ abrechenbar. Häufig wird im Rahmen einer Abklärungskolposkopie eine Probeexzision aus dem Gebärmutterhals beziehungsweise dem Muttermund durchgeführt; hierfür kann die Nr. 1103 GOÄ „Probeexzision aus dem Gebärmutterhals und/oder dem Muttermund und/oder der Vaginalwand – gegebenenfalls einschließlich Abrasio und auch einschließlich Entfernung eines oder mehrerer Polypen –“ zusätzlich angesetzt werden. Die GOÄ-Nrn. 1102 und 1103 sind wegen des gestaffelten, teilweise überlappenden Leistungsumfangs nicht nebeneinander berechnungsfähig, wohl aber kann jede dieser Gebührenpositionen einzeln neben Nr. 1070 GOÄ abgerechnet werden.

Es ist einzuräumen, dass die Abrechnung einer Abklärungskolposkopie über die angesichts deren Leistungsumfangs zu niedrig honorierte, noch aus dem Jahr 1982 stammende GOÄ-Nr. 1070 wegen des höheren Zeitaufwands und der erforderlichen Zusatzkomponenten sowohl in medizinischer als auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht unzureichend erscheinen muss. Dies illustriert erneut die Notwendigkeit, zeitnah das Gebührenverzeichnis der GOÄ dem aktuellen Stand des medizinischen Leistungsgeschehens anzupassen, um über eine eigene neue Gebührenposition für die Differenzialkolposkopie eine angemessene Vergütung und Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten.

 

Quelle:
GOÄ-Ratgeber: Abrechnung von Kolposkopien, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 119, Heft 43, 28. Oktober 2022